Für viele seiner Hörspiele wählte Eich den Orient als Schauplatz, so auch für sein erstes Hörspiel "Geh nicht nach El Kuwehd", ein legendenhaftes Hörspiel, in dem für den Kaufmann Mohallab Wirklichkeit Traum und Traum Wirklichkeit wird. Als es 1950 urgesendet wurde, vermeinten die Kritiker und Eich-Kenner den "mythischen Schauer des Schicksals" verspürt zu haben. Das Hörspiel vom reichen Kaufmann Mohallab, der im Traum sein Vermögen, seine Geliebte und sein Leben verliert und sich, nach seinem Erwachen, in die Realität dieses Traumes begibt, deuteten sie als Eichs Botschaft von der Hilflosigkeit des Menschen gegenüber einem übermächtigen, unabwendbaren Schicksal. Aber diese Deutung ist falsch. Günter Eich hat sich in allen seinen Werken für den aktiven Widerstand gegen die Mächtigen, gegen den Schlaf der Gerechten, gegen die scheinbare Ohnmacht der Machtlosen ausgesprochen. Wenn der Kaufmann Mohallab am Schluss des Hörspiels sagt: "Ich gehe", unterwirft er sich nicht dem, irgendeinem Schicksal, sondern fordert es heraus, um sich als Mensch beweisen zu können.
Günter Eich, (1907-1972) geboren in Lebus/Mark Brandenburg, studierte Jura und Sinologie. Erster Gedichtband und erste Radioarbeiten Ende der 20er Jahre, Unterhaltungshörspiele während der Nazizeit. Nach amerikanischer Kriegsgefangenschaft Veröffentlichung von Gedichten. Mitglied der Gruppe 47. Mit "Träume" wurde Eich als Hörspielautor bekannt und wegweisend für das deutsche Nachkriegshörspiel. Zahlreiche Hörspiel- und Literaturpreise, u. v. a. Hörspielpreis der Kriegsblinden für "Die Andere und ich" (SDR 1952). Er starb in Salzburg.
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