⏰ 45 Min.
🎬 Regie:
Raoul Wolfgang Schnell
🎤 Mit:
Karin Buchali,
Sigrun Höhler,
Maria Krasna,
Elisabeth Opitz,
Herbert Fleischmann,
Wolfgang Forester,
Kurt Lieck,
Gisela Sauer,
Kurt Lieck,
Alwin Joachim Meyer,
Wolfgang Peau,
Matthias Ponnier,
Heinz Schacht
Wer Jürgen Beckers Prosa genau gelesen hat, wird sie auch gehört haben; denn wie sie geschrieben ist, so ist sie auch gesprochen: Von einer Vielzahl von Stimmen, die freilich weniger mit bestimmten Figuren identisch, sondern Äußerungen eines aufgelösten Bewusstseins sind. Der Schritt von seinen Texten ins Medium des Hörspiels ist für Jürgen Becker darum nur zwangsläufig: Die Stimmen verselbständigen und konkretisieren sich: Sie konstituieren einen Zusammenhang sprachlicher Verhaltensweisen. Die drei Hörspiele von Jürgen Becker entsprechen dabei keinem dramaturgischen Muster; sie sind weitere Beispiele seiner offenen, unbestimmten, freien Schreibweise und zugleich stehen sie für die neuen Tendenzen ein, die das Hörspiel in der aktuellen Phase seiner Geschichte eingeschlagen hat. So werden in diesen Radiostücken keine Fälle dramatisiert, keine Geschichten in die akustische Szene übersetzt; sie demonstrieren vielmehr einen Kontext von Redensarten und Sprechweisen, die allein von bestimmten thematischen Impulsen gesteuert werden. Die Stimmen, die in "Häuser" vorkommen, sind überall denkbar, wo gewohnt, geschlafen, gebaut, umgezogen, eingerissen, renoviert, der Besitz gewechselt, der Rasen gemäht, der Keller aufgeräumt, der Nachbar nicht mehr gegrüßt, ein Hausfreund beobachtet, ein Brand gelegt und weiter alles gemacht und getan wird, was mit Hausbesitz, Hausordnung, Hausfriedensbruch, Hausherren, Hausfrauen und Häusern zu tun hat. Nicht anders als in seinen "Feldern" und "Rändern" demonstriert Jürgen Becker damit zeitgenössische Denk- und Lebensweisen: Mit ihren Verdrängungen und Illusionen, in ihrem restaurierten Status, in ihrer blinden Ideologie, in ihrer Hoffnung auf Veränderung und Erneuerung.
"Der Leser liest, der Hörer hört Stimmen, Gespräche, Rufe, Gerede, Sprüche, Slogans, Beschreibungen, Fragen, Feststellungen, Anweisungen, Anforderungen, Aufzählungen, Schreie, und dies alles stellt einen Zusammenhang her, in dem von Ferienhäusern, Landhäusern, Kaufhäusern, Hochäusern, vom Hausbesitz, Hauswart, Hausfriedensbruch, von der Hausordnung und Hausgemeinschaft, von Hausfreunden, Hausfrauen und Hausherren die Rede ist, und das heißt zugleich: die Stimmen artikulieren die Umgebung, in der wir uns eingerichtet haben, der wir täglich ausgesetzt sind, die unsere Verhaltensweisen, Gewohnheiten, Illusionen, Erinnerungen, Konflikte, Entfremdungen, Aggressionen, Sentimentalitäten, unsere Art zu leben bestimmt" (Jürgen Becker)
Jürgen Becker, geboren 1932 in Köln, war, u. v. a. Lektor im Rowohlt Verlag und Leiter des Suhrkamp-Theaterverlags. Von 1975 bis 1993 leitete er die Hörspielabteilung des Deutschlandfunks. Er schreibt Lyrik, Prosa und Hörspiele, wofür er mit zahlreichen Literaturpreisen ausgezeichnet wurde.
Vorstellung im OhrCast
Ursendung: 08.10.1969
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