Der Ich-Erzähler in W.G. Sebalds letztem, kurz vor seinem Tod veröffentlichten Roman erstattet Bericht über seine Bekanntschaft mit dem Architekturhistoriker Jacques Austerlitz, den er in der zweiten Hälfte der 60er-Jahre zufällig in der Antwerpener Centraalstation kennengelernt hatte. Diesem Zusammentreffen sind, über dreißig Jahre hinweg und in mehreren europäischen Städten, zahlreiche weitere Begegnungen gefolgt.
In langen Gesprächen - zumeist sich nahtlos aneinander reihende biografische Auskünfte Austerlitz´ enthaltend - erfuhr der Erzähler, wie jener, der sich bis dahin für einen Engländer gehalten hatte, seiner teils ihm selbst kaum erinnerlichen, teils verdrängten Herkunft auf die Spur kam: Kind in Prag lebender jüdischer Eltern, war er im Sommer 1939, im Alter von viereinhalb Jahren, mit einem Kindertransport nach England gerettet worden und bei Pflegeeltern aufgewachsen.
Von dieser Entdeckung an widmete sich Austerlitz hauptsächlich der Rekonstruktion seiner Vergangenheit, er suchte nach Zeugnissen seiner Eltern: in Prag, wo er eine Freundin der Familie aufspürte, die sich oft um das Kind gekümmert hatte, in Theresienstadt, wohin seine Mutter, bis zu ihrem Abtransport ins Vernichtungslager, verschleppt worden war. Recherchen, die durch den Bericht über Austerlitz nun ihrerseits festgehalten sind.
W.G. Sebald, geboren am 18. Mai 1944 in Wertach im Allgäu, gestorben am 14. Dezember 2001 in Norfolk, England. Der seit 1966 an englischen Schulen und Hochschulen lehrende Germanist trat neben literaturwissenschaftlichen Publikationen seit Ende der 80er-Jahre mit mehreren Bänden erzählender Prosa - so "Die Ausgewanderten" und "Die Ringe des Saturn" - an die Öffentlichkeit und erlangte rasch den Ruf eines bedeutenden Außenseiters der deutschen Gegenwartsliteratur.
hoerspielTIPPs.net:«""Austerlitz" lebt von seinem ungewöhnlichen Stil mit einem zwischengeschalteten Ich-Erzähler, der die Lebensgeschichte des Protagonisten Jacques Austerlitz übermittelt. Dieser begibt sich auf die Spuren seiner Vergangenheit und entdeckt, dass diese – was ihm nicht bewusst war - von der Judenverfolgung im Dritten Reich sehr maßgeblich geprägt ist. Stefan Kanis hat die Essenz dieses Werkes in ein Hörspiel gegossen, das aufgrund der begrenzten Spielzeit Sebalds Detailreichtum nicht transportieren kann. Das Werk ist mehr eine Lesung mit wenigen szenischen Elementen und wird von Ulrich Matthes‘ nüchterner Erzählweise geprägt."»
Vorstellung im OhrCast
Ursendung: 12.12.2011
Als Download / Im Handel verfügbar seit / ab: 13.05.2024
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