Eine Odyssee auf den unsicheren Gewässern der Diskurse. Thomas Meinecke versetzt in seinem neuen Projekt ´Hellblau´ seine Figuren mitten in aktuelle Diskussionen um Geschlechtlichkeit, Möglichkeiten von postmoderner Politik und um die Bedeutung von Techno.
Amerikanische Provinz. Ocracoke Island vor der Küste von North Carolina. Bitburg und Berlin sind weitere Schauplätze. Die Figuren Tillmann und Yolanda schreiben an einem Buchprojekt und sammeln Material, das kaum Verbindungen aufzuweisen scheint - es geht um die afro-futuristische Technomusik aus Detroit, schwarze Jazzmusiker, die jiddisch sprechen, um Klezmer mit deutlichen Jazzeinflüssen, um die deutschen U-Booteinsätze vor der nordamerikanischen Küste während des Zweiten Weltkriegs, die Zahlungen deutscher Firmen an Zwangsarbeiter. Viele Geschichten für viele partielle Wirklichkeiten. Es wird telefoniert, E-Mails werden verschickt, Zeitungen ausgewertet. Die Recherchen haben längst das Stipendium verschlungen, aber noch stehen wichtige Fragen zur Lösung an: Sind angeklebte Siliconbrüste sexistisch? Warum hat die weibliche Gottheit Venus eine männliche Endung?
Keine dieser Fragen bleibt abstrakt, sie finden einen Widerschein in den Figuren. Da ist die angloamerikanische Freundin Vermilion, die Judaistik an der Universität studiert und einen Davidstern an der Halskette trägt, da ist der Heimatort Bitburg der Afroamerikanerin Yolanda, da sind einzeln aufgezählte Funde von seltenen Schallplatten, da sind die von der Kulturwissenschaftlerin Cordula kritisierten, mühsamen Beschwörungsformeln deutscher Politiker, die trotz zahlreicher Anschläge keinen grassierenden Antisemitismus sehen wollen. Die Figuren in ´Hellblau´ entstehen erst durch die Fragen, die sie stellen, und durch die fehlenden Lösungen. Bin ich schwarz, weiß, Mann, Frau, Europäer, Amerikaner? Und warum nicht?
Ursendung: 14.12.2001
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