Damals, am Ende des 19. Jahrhunderts, "als die Zeit noch mütterliche Augen hatte", kommen zu den jährlichen Festen die Mitglieder der weitverzweigten Familie im münsterschen Haus des Kreisrichters Brake zusammen. Es besteht ein reger Austausch zwischen dem Stammsitz der Familie im Sauerland und den Münsteranern, die Feste sind glanzvoll, das Leben ist überwiegend heiter – alles, so scheint es, ist in erträglichem Maß nach preußischer Disziplin und bürgerlichen Standeskonventionen geordnet. Wären da nicht die Gefühle: Der viel zu junge Claus Brake verliebt sich in die deutlich ältere Mila Bruhns, die schon seit langem alle familiären Bindungen ignoriert, Maria Overbeck, geb. Brake, beginnt, an ihrer Ehe mit dem phlegmatischen Sanitätsrat zu zweifeln, Hedwig Brake liebt eigentlich den Sohn des Gerbermeisters Temming und geht trotzdem eine Bindung mit einem Leutnant ein. Zu den persönlichen Wirren gesellt sich die Nervosität der beginnenden Industrialisierung. Claus Brake hat Pläne für den Bau eines Sägewerks an der Lenne, das er nach neuester Technik mit wassergetriebenen Turbinen betreiben will. Ohne viel Aufhebens zu machen, hält die alte und weise Truta mit ihrer ländlich klaren Lebensauffassung, einem großen Herzen und einem unerschöpflichen Vorrat an plattdeutschen Lebensweisheiten die Fäden zusammen.
Clara Ratzka (1872–1928) verbrachte ihre Jugend in Münster, und ging, nach kurzer, unglücklicher Ehe, mit ihrer kleinen Tochter nach Berlin, wo sie sich zeitweise in der Frauenbewegung engagierte. Ihr Studium der Nationalökonomie schloss sie in Tübingen mit der Promotion ab, unternahm an der Seite ihres zweiten Ehemannes, dem Maler Arthur Ludwig Ratzka, ausgedehnte Reisen. Später, als sie in dritter Ehe mit einem Juristen und Diplomaten zeitweise in London, Paris und schließlich wieder in Berlin lebte, verfasste sie Reiseberichte (u. a. von einer Weltreise) und umfangreiche Romane, von denen einige verfilmt wurden.
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