Immer hatte Klamm, Deutschlehrer aus Leidenschaft, ein guter Lehrer sein wollen. Nichts sonst. Nur: ein guter Lehrer. Und jetzt? "Herr Klamm, hiermit erklären wir Ihnen den Krieg." So steht es in dem sonderbaren Brief, den Klamm - zu alt für einen Neuanfang, zu jung für die Frühpensionierung - von seiner Klasse bekommen hat. Sascha, ein Mitschüler, hat sich umgebracht, nachdem er durchs Abitur gefallen ist. Ein Punkt fehlte, ein Punkt, den Klamm, finden seine Schüler, ihm hätte zubilligen können - zubilligen müssen. Jetzt jedenfalls geben sie ihm die Schuld und führen Krieg. Antworten auf keine Frage, reagieren einfach nicht mehr, schweigen, die ganze Unterrichtsstunde lang. Zeichnen Krakeleien in die Klausuren, geben leere Blätter ab. Klamm, zum Monolog verurteilt, glaubt, seinerseits mit Ignoranz zurückschlagen zu können und führt den Unterricht - Goethe, Faust, Gretchentragödie - fort, als wäre nichts geschehen. Doch wie lange kann sein angestrengter Hochmut das Schweigen ertragen? Aggression bricht auf wie eine alte Wunde, eine seit Jahren verdrängte Aggression gegen die Schüler, die Kollegen, sich selbst. Klamm verliert seine Form. Klamm fleht. Klamm stößt Verwünschungen aus. Klamm, mit seinen pädagogischen Idealen, mit seinem erbitterten Gerechtigkeitssinn, mit seiner Opferbereitschaft, sitzt aufgelöst im Scherbenhaufen einer der Liebe zur Literatur und zur nachfolgenden Generation gewidmeten Existenz, die Browning von Direktor Dr. Erkner in der Hand.
Kai Hensel, geboren 1965 in Hamburg, war nach dem Abitur Assistent in der FDP-Landesgeschäftsstelle Hamburg, dann Werbetexter in Hamburg und Frankfurt. Er arbeitete als Geschäftsführer einer Werbeagentur in Berlin, danach hatte er verschiedene Jobs vom Tellerwäscher bis zum Museumswärter. Er arbeitete schließlich als freier Autor für private Radiosender, konzipierte Wahlwerbung für die FDP, war Ghostwriter für Erika Berger, erotische Zeitschriften und Romane. Er unternahm mehrmonatige Reisen durch Europa, Afrika und Asien. Für zwei Spielzeiten war er Regisseur an den Bühnen Lübeck (inszenierte dort, u. v. a. Goethe, Bukowski, Dostojewski). Anschließend war er als Autor tätig für die Comedy-Show "RTL Samstag Nacht" in Köln und für zahlreiche Serien (alles von "Alarm für Cobra 11" über "Klinikum Mitte" zu "Die Männer vom K3"). Seit 1999 lebt er als freier Autor in Berlin.
Ernst Jacobi, geb. 11. Juli 1933 in Berlin, schon als 15-Jähriger Mitwirkung im RIAS Kinderchor und im Hörspiel, nach dem Abitur Schauspielausbildung an der Max-Reinhardt-Schule Berlin und bei Jaques Lecoq in Paris. Erster Vertrag 1951 am Hebbel-Theater Berlin unter Rudolf Nolte. Engagements an verschiedenen Berliner Theatern, in Frankfurt/Main, Köln, Hamburg, an den Münchner Kammerspielen, dem Wiener Burgtheater, am Schauspielhaus Zürich. Jacobi wirkte in unzähligen Fernsehproduktionen und Kinofilmen mit, spielte Hörspielrollen und verfasste auch eigene Hörspiele. Neben seiner Arbeit als Darsteller und Autor betätigt er sich zunehmend auch als Fotograf mit Ausstellungen in Berlin, Bremen und Linz. Ernst Jacobi lebt heute in München. MDR-Hörspielproduktionen, u. v. a.: "O der du alles bedenkst, Teresias" (2002), "Die Päpstin" (2000), "Gräfin Cosel" (2001), "Der Graf von Monte Cristo" (1997) und "Wilhelm Meisters Lehrjahre" (1999), "Zwanzigtausend Meilen unter den Meeren" (2003).
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